10. Januar – Der Fahrtleiter

Für die Organisation der wissenschaftlichen Arbeiten vor, während und nach der Expedition ist der Fahrtleiter zuständig. Eine Expedition ist immer in mehrere Fahrtabschnitte untergliedert. Auf der jetzigen Reise ANT-XXIX/2 (ANTarktis -29. Expedition/2. Fahrtabschnitt) vom 30. November 2012 bis 18. Januar 2013, von Kapstadt bis Punta Arenas, übt Olaf Boebel vom AWI (Physiker und Ozeanograph) den Job des Fahrtleiters aus. Die Vorbereitungen begannen für ihn schon im Frühjahr 2012. Die Fahrtleiter der ersten drei Fahrtabschnitte, haben sich mit Mitarbeitern aus der Logistik getroffen und gemeinsam besprochen welche Projekte auf den einzelnen Fahrtabschnitten durchgeführt und welche Geräte und Ausrüstungsgegenstände dafür benötigen werden. Die Projekte werden vom Polarsternkoordinator so ausgewählt, dass eine möglichst hohe Übereinstimmung der Arbeitsgebiete, Ziele und Interessen besteht, um möglichst effizient arbeiten zu können. Im Vorfeld werden die wissenschaftlichen Projektanträge von Gutachter bewertet und vom Polarsternkoordinator genehmigt. Danach werden zahlreiche Anträge (z. B. beim Umweltbundesamt oder bei ausländischen Staaten in deren Gewässer geforscht werden soll) gestellt, um geplante Aktivitäten (wie Messungen oder Helikopterflüge) durchzuführen bzw. Geräte (wie Verankerungen oder Floats) ausbringen zu dürfen. Während der Fahrt  ist der Fahrtleiter derjenige, der den Überblick über alle wissenschaftlichen Projekte hat, mit den jeweiligen Projektleitern, dem Kapitän und weiteren Hauptverantwortlichen in engem Kontakt steht, den zeitlichen Ablauf der wissenschaftlichen Arbeiten plant und koordiniert und an Wind, Welle und Wetter anpasst, so dass ein reibungsloser Ablauf garantiert ist. Wenn die Wetterbedingungen die Arbeiten an Bord nicht zulassen, entscheidet Olaf, ob Experimente noch durchgeführt oder weil die Sicherheit nicht mehr gewährleistet werden kann, möglicherweise abgebrochen werden müssen. Die Fahrtzeit wird erheblich von der Eissituation beeinflusst. Somit werden die Abläufe von Olaf mit einem hohen Maß an Flexibilität geplant. „Man muss die Bedingungen so annehmen, wie sie sind. Aufregen bringt nichts.“ Olaf ist die Ruhe selbst. Es kommt schon mal vor, dass mehrere Stunden nach einer Verankerung, die aufgenommen werden soll, gesucht wird und am Ende sogar der Heli losgeschickt wird, um sie zu finden. Die Erfolgsquote ist auch bei einer geschlossenen Eisdecke, die erst aufgebrochen werden muss, sehr hoch – es ist neben technischem Knowhow auch sehr viel Geduld gefragt. Für den Erhalt der Messergebnisse wird ein großer Aufwand betrieben, da ohne Ergebnisse, die langjährige Arbeit umsonst wäre. Eine Expedition ist teuer. Das Schiff kostet pro Tag 60 000 €. Während der gesamten Überfahrt werden Geräte im Wert von 4 Millionen Euro ins Wasser gelassen. Warum dieser ganze Aufwand? Die Menschen beeinflussen durch ihre Lebensweise das Klima und verändern ein fragiles dynamisches Gleichgewicht, auf das auch der Ozean reagiert. Diese Veränderung des Ozeans können die Wissenschaftler vom AWI messen und auswerten und anhand dieses Wissens die Entwicklung des zukünftigen Klimas modellieren. Anhand dieser Ergebnisse können vielleicht schwerwiegende Veränderungen unserer Umwelt für spätere Generationen abgemildert werden.

Abends hält Olaf täglich einen kurzen Vortrag und informiert über geplante Aktivitäten und Abläufe der kommenden Tage. Er hat immer ein offenes Ohr und steht in allen Situationen helfend zur Seite. Zu seinen Aufgaben gehört ebenso, die Dokumentation der wissenschaftlichen Arbeiten und Berichterstattung. Eine 7-wöchige Expedition mit allen Vor- und Nachbereitungen umfasst einen Zeitraum von 15 Monaten. Er ist sehr gerne auf Expedition und fährt alle zwei bis drei Jahre zu Forschungszwecken in die Polargebiete.

Auch Olaf ist vom amerikanischen Filmteam interviewt worden. Teile dieses Gesprächs konnte ich mit verfolgen.

 

10-Minutenwerte der Bordwetterwarte vom 10.01.13 16:31 UTC

Lufttemperatur -1.5 °C
Wassertemperatur -1.5 °C
Luftdruck 985.1 hPa
Luftdruck, reduziert 987.4 hPa
Wahre Windgeschwindigkeit 8.6 m/s
Wahre Windrichtung 183.9 °
Relative Windgeschwindigkeit 8.4 m/s
Relative Windrichtung 271.1 °
Relative Luftfeuchte 89 %
Globalstrahlung 614 W/m²
Höhe Wolkenuntergrenze 1508 ft
Sichtweite 57051 m
Position/Länge -48.78717 °
Position/Breite -63.96189 °
Schiffsgeschwindigkeit 9.7 kn
Schiffskurs 310.8 °