6. Januar – Forschungsarbeiten im Eis zu Zeiten der DDR – die Georg Forster Station

A0000291976 wurde die erste Station in der Antarktis von der ehemaligen DDR in Betrieb genommen und 1986 nach dem Naturforscher Georg Forster benannt. Andreas, zu diesem Zeitpunkt 28 Jahre alt, wurde 1989 von der ehemaligen DDR zu dieser Station entsendet, um die Ozonschicht zu vermessen. In Anbetracht der politischen Situation ein Abenteuer vom Feinsten! Er sollte zusammen mit 9 anderen Männern, 18 Monate in der Antarktis forschen. Von den Russen wurde er, über Leningrad, zur sowjetischen Nowolasarewskaja-Station geflogen, die nur einen Kilometer von der Georg Forster Station, in der Schirmacheroase, gelegen war. Oase deshalb, weil dort einzelne Landstriche nicht von Eis bedeckt sind. Die Bedingungen, im „Containerdorf“, waren längst nicht so komfortabel wie heute beispielsweise auf der Neumayer-Station. Unter einfachsten Verhältnissen, wohnten und arbeiteten die Männer, weit weg von ihren Ehefrauen und Kindern. Alle 6 Monate kam ein Flugzeug und brachte Briefe von Angehörigen und andere Versorgungsgüter. Telegraphieren war möglich, allerdings nur sehr kurze Nachrichten. Für die 2 Weihnachtsfeste und andere Feste, die Andreas getrennt von seiner Frau und seiner damals zweijährigen Tochter verbringen musste, hatten sie sich gegenseitig Geschenke mitgegeben, die sie auch wirklich erst am entsprechenden Datum auspackten. Für die Messungen standen zu dieser Zeit noch keine ausgeklügelten Computerprogramme und hochtechnisierte Geräte zur Verfügung. Aber auch mithilfe von einfacheren Geräten konnten wissenschaftliche Messungen durchgeführt werden. Eines der Fotos zeigt eine Art Glaskugel, mit der man die tägliche Sonnenscheindauer ermitteln kann. Hinter der Glaskugel ist ein Papierstreifen (Spezialpapier) befestigt. Wenn die Sonne scheint, wirkt die Glaskugel wie eine Lupe und in den Papierstreifen wird ein Loch hinein gebrannt. Wenn man am Ende des Tages den Papierstreifen entfernt, kann man an der Länge der Brennspuren erkennen wie lange die Sonne geschienen hat.

D000003 C000047 C000026 C000016 B000037 A000038 A000030
Von Mai bis Juni, im antarktischen Winter, kommt die Sonne nicht mehr über den Horizont und es gab nur einige Stunden Dämmerung, sonst herrschte Dunkelheit. Am Himmel waren Polarlichter zu sehen. Im Sommer schmolz aufgrund der langen Sonnenscheindauer stellenweise das Eis und es bildeten sich kleine Seen. Als ganz besonderes Erlebnis beschreibt Andreas die Ruhe, die herrschte, wenn man sich für Messungen weit von der Station entfernte und ganz alleine in der Eiswüste war. Zu den Mahlzeiten sind die Männer zur russischen Station gegangen. Lediglich Frühstück mussten sie eigenständig zubereiten. Der Kontakt zur russischen Station, als auch zur Neumayer-Station, welche zu diesem Zeitpunkt von 9 Frauen bewohnt wurde und ganz schön weit weg war, bereicherte den Alltag. Ebenso zusätzliche Wissenschaftler, die als „Sommergäste“ die Forschungsarbeiten ergänzten.
Im November 1989 fiel, zumindest für die zehn Überwinterer still und leise, die Berliner Mauer. Ein unvorstellbares Ereignis für die Männer, da sie keinerlei Vorstellung hatten, was sie nach ihrer Rückkehr in die Heimat erwarten würde. Ihr Geld wurde ungültig, ebenso die Briefmarken. Einige wusste nicht, ob sie noch einen Arbeitsplatz haben würden, denn laut eines Zeitungsartikels wurde anscheinend das Institut geschlossen. Aber Andreas übermittelte noch regelmäßig seine Daten dort hin. Wahrscheinlich handelte es sich um eine „Zeitungsente“, trotzdem herrschte große Ungewissheit. Genauso wenig war geklärt, wie die Überwinterer nach Hause zurückkehren würden. Mit den Russen? Oder vielleicht sogar mit der Polarstern aus der Bundesrepublik? Am 8. März 1991 war es dann soweit. Alles Organisatorische war geklärt, der letzte Schneesturm überstanden. Andreas wurde von der Polarstern abgeholt. Über Neumayer ging es nach Kapstadt. Von dort mit dem Flugzeug nach Hause. Eine Zeitung berichtete von seinem Abenteuer: „Wo ist meine DDR geblieben?“
In der Antarktis weist heute nur noch eine Gedenktafel auf die Georg Forster Station hin, denn 1993 wurden die Arbeiten eingestellt und die komplette Station abtransportiert. Andreas und die anderen  damaligen Überwinterer treffen sich seit ihrer Rückreise jährlich und erinnern sich gemeinsam an die alten Zeiten in der antarktischen Oase. Nach 22 Jahren fährt Andreas nun ein weiteres Mal auf der Polarstern mit; dieses Mal als Wettertechniker der Bordwetterwarte.

10-Minutenwerte der Bordwetterwarte vom 06.01.13 15:41 UTC

  •      Lufttemperatur    -1.2    °C
  •      Wassertemperatur    -1.2    °C
  •      Luftdruck    999.7    hPa
  •      Luftdruck, reduziert    1002.0    hPa
  •      Wahre Windgeschwindigkeit    6.5    m/s
  •      Wahre Windrichtung    53.8    °
  •      Relative Windgeschwindigkeit    8.6    m/s
  •      Relative Windrichtung    46.9    °
  •      Relative Luftfeuchte    91    %
  •      Globalstrahlung    736    W/m²
  •      Höhe Wolkenuntergrenze    4354    ft
  •      Sichtweite    55420    m
  •      Position/Länge    -44.33288    °
  •      Position/Breite    -67.48391    °
  •      Schiffsgeschwindigkeit    7.5    kn
  •      Schiffskurs    336.9    °

 

12 Gedanken zu „6. Januar – Forschungsarbeiten im Eis zu Zeiten der DDR – die Georg Forster Station

  1. Hallo Frau Brosch,
    ich bin ein sehr wissbegieriger Schüler und habe eine sehr interessante Frage stellen. Denken sie, dass die Antarktis in den nächsten Jahrhunderten durch die Klimaerwärmung verschluckt wird?

    mit sehr sehr sehr sehr sehr sehr sehr sehrs sehr freundlichen grüßßßßen
    Ferdi

    • Wie sich das Klima in den nächsten Jahrhunderten verändern wird, kann keiner vorhersagen. Einen interessanten Beitrag über Klimawandel wird in den kommenden Tagen veröffentlicht. Vielleicht beantwortet er die Frage ein klein wenig…

  2. Hallo Frau Brosch,
    Denken sie das die Antarktis vom Klimawandel zerstört wird???

    • Ich hoffe nicht. Aber ich weiß es auch nicht. Keiner kann dies vorhersagen. Auch hier verweise ich auf den Artikel ‚Mir ist schlecht – schon wieder!‘, der in den nächsten Tagen erscheinen wird. Olaf, Physiker und Ozeanograph, wird eine Frage über Klimawandel beantworten.

  3. Kann es nicht zu Krankheiten führen, wenn man nicht genug Tageslicht bekommt und man nicht einmal, aufgrund des schweren Schneesturms in der Lage ist vor die Tür zu gehen und somit wenigstens an der frischen Luft zu sein ?

    • Hallo Sophia, in der Neumayer-Station in der Antarktis ist es nur für ein paar Wochen dunkel bzw. dämmert es. Ansonsten kommt die Sonne täglich immer ein paar Stunden über den Horizont bzw. scheint im Sommer den ganzen Tag und die ganze Nacht. Die Leute können dort auch vor die Tür gehen und frische Luft schnappen. Es kann in der Antarktis zwar sehr starke Stürme geben, aber eben nicht jeden Tag. Natürlich muss man immer sehr genau aufs Wetter achten wenn man die Station verlässt, denn wie bei uns in den Bergen, kann es sich auch dort unten extrem schnell ändern. Die Wissenschaftler fühlen sich auf Neumayer alle sehr wohl und haben sich auf die dortigen Bedingungen gut eingestellt.

  4. Ist es ein schwerer Verlust, wenn es bei der Tageslichtmessung mit der Glaskugel und dem Papierstück, zu einer unerwartet langer Sonnenscheindauer kommt und das Papier vollständig verbrennt und somit die Messdaten für diesen Zeitpunkt fehlen?

    • Hallo Jenny,
      heutzutage wird die Sonnenscheindauer nicht mehr mit der Glaskugel gemessen. Früher haben die Wissenschaftler das aber noch so gemacht. Für die Messungen haben sie Spezialpapier verwendet, das nicht verbrannt ist. Somit hatten sie am Ende des Tages immer einen intakten Papierstreifen. Falls aber wirklich etwas schief ging und die Daten von einem Tag fehlten, war der Datenverlust sicherlich verkraftbar, sofern das nur einmal und nicht jeden Tag passiert ist.

    • Hallo Felix,
      nein, das war überhaupt nicht schlimm. Es war ja von Anfang an klar, dass ich nach 8 Wochen wieder zu Hause sein werde. Außerdem konnte man telefonieren und e-mails schreiben. An Bord habe ich so viel erlebt, dass die Zeit rasend schnell vergangen ist.

  5. Hallo David und Aaron,
    hmm, auf der Neumayer-Station zu überwintern ist sicherlich eine sehr große Herausforderung. Ich denke aber schon, dass ich es machen würde, wenn ich die Möglichkeit dazu hätte. Im Winter ist es dort natürlich wesentlich kälter als ich es jetzt erlebt habe. Aber wie sagt man so schön: es gibt nicht das falsche Wetter, sondern nur die falsche Kleidung. 😉

  6. Hallo Anton,
    wir hatten dieses Jahr so viel Eis in der Antarktis, dass wir selbst an Stellen steckengeblieben sind, an denen die letzten Jahre über offenes Wasser war. Deshalb würde ich sagen, dass der Klimawandel so direkt (noch) nicht sichtbar ist. In der Arktis ist das allerdings ganz anders. In den kommenden Tagen wird hier eine Schülerfrage zum Thema Klimawandel von einem Wissenschaftler beantwortet. Dieser wird deine Frage sicherlich besser beantworten.

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