Erfahrungsbericht vom Lehreraustausch: Baden-Württemberg – Israel

Von Danielle Zimmerman

Ende Oktober 2016 war ich im Rahmen des Lehreraustausch-Programmes der GCJZ und des Landes Baden-Württemberg mit Israel zu Besuch am Leo Baeck Education Center (LBEC) in Haifa. Dies war der Gegenbesuch von Dani Fessler, Direktor des LBEC, im September 2016 anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Lehreraustausches.

An meinem ersten Schultag wurde ich sehr herzlich von Dani Fessler im Lehrerzimmer vorgestellt und von vielen israelischen KollegInnen freundlich begrüßt. Man begreift auch als Besucher schnell, dass das Leo Baeck Education Center eine für deutsche und auch israelische Verhältnisse gut ausgestattete und ungewöhnliche Schule ist. Die Atmosphäre zwischen den Lehrern und Schülern am Leo Baeck ist insgesamt viel haptischer und auch zumeist lockerer als an deutschen Schulen. LehrerInnen umarmen SchülerInnen und umgekehrt. Typisch für Israel spricht man sich nur beim Vornamen an. Die SchülerInnen sind mir insgesamt sehr offen, freundlich und interessiert begegnet.

Kunstklasse am Leo Baeck

Als besonders schön empfand ich es, dass ich ein und dieselbe Kunstklasse mehrmals hintereinander unterrichten durfte. Die SchülerInnen haben u.a. gelbe Luftballons mit unterschiedlichen Emoticon-Gesichtszügen bemalt und diese im ganzen Schulhaus aufgehängt. Das Besondere am Leo Baeck ist, dass unterschiedliche Schularten unter einem Dach vereint sind, weswegen die bemalten Luftballons auch sehr schnell von GrundschülerInnen abgehängt und mit nach Hause genommen wurden.

Neben vielen positiven Eindrücken gab es eine Erfahrung, die mich sehr nachdenklich und etwas traurig stimmt. Ich durfte an einem Schulprojekt (Tagesausflug) teilnehmen, das ca. 20 SchülerInnen des Leo Baeck zu einer arabischen Schule in dem Dorf Sahnin (Chucnin) führte, das nur ca. 40 min Fahrtzeit entfernt von Haifa liegt. Der Name des Schulprojekts lautet Marchba, was Hello auf Hebräisch bedeutet. Bei diesem Projekt geht es darum, jüdische und arabische SchülerInnen zusammenzuführen. Wir besuchten den Unterricht an der arabischen Schule, haben zusammen zu Mittag gegessen und danach unterschiedliche Sehenswürdigkeiten in Sahnin kennen gelernt. Es war das erste Mal für einige der jüdischen SchülerInnen, dass sie zusammen mit AraberInnen in einem Bus saßen und unterwegs waren. Wir durften sogar eine Moschee besuchen und wurden in die grundlegenden Rituale der Muslime eingeweiht. Als deutscher Gast hatte ich den Vorteil, alles von einem neutralen Standpunkt aus von außen zu beobachten. Nach ca. 10 min konnte ich kaum mehr unterscheiden, wer jüdischer und wer arabischer Abstammung ist. Ich befand mich inmitten von ca. 40 17-Jährigen, die auf mich sehr ähnlich wirkten, mit den gleichen jugendlichen Interessen, Freuden und Sorgen. Dennoch war deutlich spürbar, dass eine Spannung zwischen den beiden Schülergruppen herrscht. Ich kam an diesem Tag sowohl mit jüdischen als auch arabischen SchülerInnen ins Gespräch. Sie sprachen mit mir über sehr intime Erlebnisse und Erfahrungen. Nur untereinander haben sie sich leider nicht angefreundet oder ausgetauscht. Sie sprechen zwar (noch) nicht dieselbe Sprache, aber wie mit mir hätten sie sich auch auf Englisch verständigen können. Ich finde dieses Projekt sehr wichtig und mir ist bewusst, dass dies das erste Treffen war. Das zweite Treffen wird im Februar 2017 stattfinden. Die arabischen SchülerInnen statten dem Leo Baeck einen Gegenbesuch ab. Es ist eine gemeinsame Aktion geplant, die die Jugendlichen einander näher bringen soll. Dieser Ausflug hat mir gezeigt, wie lange der Weg der Annäherung sein wird, bis ein friedliches Nebeneinander oder gar Miteinander allein von jüdischen und arabischen Israeli denkbar ist.

Insgesamt hatte ich das Glück, vielen tollen Persönlichkeiten (LehrerInnen und SchülerInnen) mit zum Teil auch unterschiedlichen Einstellungen gegenüber dem Nah-Ost-Konflikt zu begegnen. Wir haben zusammen diskutiert und unsere Meinungen ausgetauscht. Auch wenn es nicht die Mehrzahl der jüdischen Israeli ist, bin ich froh, dass einige unter ihnen ein friedliches gleichberechtigtes Leben zusammen mit den PalästinenserInnen in Israel wünschen. Das gibt mir etwas Hoffnung.

Abschließend kann ich nur allen KollegInnen diesen Austausch ans Herz legen. Ich nehme viele positive Erfahrungen und Einblicke in das Land und vor allem seine Bewohner mit.   Vielen Dank dafür!